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Marie Claire: Was war für Sie persönlich die wichtigste Erkenntnis bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Werte?
Maja Göpel: Ich wollte mich auf eine Reise zu den meistens unbemerkten Wertungen begeben, also aufspüren, wo sie in unsere Preissignale, scheinbar objektiven Standards und Routinen eingebaut sind und damit unsere Alltagsentscheidungen prägen. Wie ein Menu, aus dem wir dann noch auswählen, aber nicht mehr ans Rezept können. Besonders bei den ökonomischen Wertungen bleiben so sehr viele Dinge unsichtbar, die wir eigentlich als ethisch sehr wichtig empfinden, zum Beispiel wieviel die Vernichtung von Natur wir uns „leisten“ können und welche Investitionsentscheidungen sich „lohnen.“ Aus meiner Sicht lohnt es sich sehr, hier Transparenz zu schaffen, um überhaupt aus der eher sterilen Zahlenlogik wieder auf die realweltliche Ebene zu wechseln in den Diskussionen über Wohlstand, Sicherheit und Freiheit und wie wir sie erhalten können.
Marie Claire: Gesellschaftliche Themen haben einen hohen Stellenwert bei Marie Claire. Gibt es etwas, das Sie unseren Leser:innen mit auf den Weg geben möchten?
Maja Göpel: Das sorgfältige Hinschauen und freundliche Nachfragen. Ein Konzept, das ich gleich an den Anfang des Buches stelle, ist die Pluralistische Ignoranz oder auch Gruppenblindheit. Es besagt, dass wir die Bereitschaft „der anderen,“ sich für Zusammenhalt und Problemlösung einzusetzen, rasant unterschätzen. Damit landen wir in einer Hemmspirale, in der niemand wirklich losläuft, weil wir als Herdentiere nicht zu stark von eben diesen „anderen“ abweichen wollen und denken, die anderen ziehen nicht mit. Und wenn jemand dann mutig losläuft und von einer der sehr lauten und oft wenig freundlichen Stimmen angegangen wird: aufstehen. Selbst wenn wir inhaltlich nicht immer einer Meinung sind, so können wir Zeiten der Unsicherheit immer besser parieren, wenn wir anständig miteinander umgehen.